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Aus dem Spanischen von Lydia Hantke. Neuausgabe (Erstausgabe 1990 unter dem Titel »Wie Efeu an der Mauer«), 384 Seiten, Paperback
ISBN | 978-3-86241-466-6 |
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Erschienen | 08/2019 |
Als die Militärs im Jahr 1973 in dem kleinen Land am Río de la Plata putschten, war Uruguay der Staat mit der prozentual höchsten Zahl politischer Gefangener weltweit. Um jeden Widerstand zu ersticken, entführten die Militärs neun führende Mitglieder der geschlagenen Stadtguerilla Tupamaros aus den Gefängnissen und drohten für den Fall weiterer Aktionen mit ihrer Erschießung. Als Geiseln der Diktatur wurden sie in Dreiergruppen in Verliesen der Kasernen zwölf Jahre lang buchstäblich lebendig begraben, bis eine wieder erstarkende soziale Bewegung sie mit dem Ende der Diktatur befreite.
Der Schriftsteller Mauricio Rosencof und der spätere Verteidigungsminister »El Ñato« Fernández Huidobro hatten sich während ihrer Kerkerjahre durch ein Klopfalphabet durch die Wand miteinander verständigen können und sich geschworen, im Falle ihres Überlebens Zeugnis abzulegen von ihrem Überlebenskampf in den Kerkern der Diktatur. Der Dritte ihrer Gruppe, Pepe Mujica, war in der Zeit unmittelbar nach der Freilassung noch so krank, dass er an diesem Projekt nicht mitwirken konnte. Jahre später wurde er zum Präsidenten Uruguays gewählt – der Nelson Mandela Lateinamerikas.
Der einzigartige Dialog der beiden Autoren stellt ein herausragendes Dokument der Gefängnisliteratur dar. Eine Chronik, die von Menschen berichtet, denen es gelang, noch unter den inhumansten Bedingungen die menschliche Würde zu verteidigen.
»Dieses Buch feiert einen Sieg der menschlichen Sprache. Seine Autoren rufen ihre Erfahrungen im Reich der Stille und des Terrors wach. Sie erzählen, wie sie – wie Efeu an der Mauer dem Leben verhaftet – ihre Würde als Menschen vor einem System retten konnten, das sie in den Wahnsinn treiben und in leblose Dinge verwandeln wollte« (Eduardo Galeano).
Das Buch diente als Grundlage für den Film »Compañeros. La noche de 12 años« (2018) von Alvaro Brechner mit Antonio de la Torre in der Hauptrolle als Pepe Mujica. Der Film wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet und von der Jury des Filmfestivals in Fribourg als »Hommage an alle politischen Gefangenen und an jene, die Widerstand leisten gegen die Barbarei der Menschen«, gewürdigt.
Ein einzigartiges Dokument von Widerstand und Würde, Selbstbehauptung und Stolz unter unmenschlichsten Bedingungen mit ständiger Folter und in strengster Isolation.
Henri Klein, ND, 15.10.2019 mehr …
„Kerkerjahre“ greift auf eine andere Weise in die Tiefe: Selbst in den dunkelsten Stunden des Leids ist der menschliche Geist und Wille nie ganz, nie bei jedem zu brechen. Die Liebe zum Leben ist dann stärker als jede Gewalt.
Oliver Steinke, Graswurzelrevolution, Nr. 443 mehr …
Das Ausmaß ihrer Tortur übersteigt die Vorstellungskraft. Rosencof, ein Sohn polnisch-jüdischer Flüchtlinge, und Fernández, Nachfahr spanischer Einwanderer, schildern ihre Erinnerungen ohne politische Agitation. Ihr Buch wurde mit dem Werk des italienischen Holocaustüberlebenden Primo Levi verglichen. Wie dieser schreien sie nicht, sie klagen nicht an, sie wollen die Lesenden zum Schreien bringen.
Österreichischer Rundfunk Ö1, Erhard Stackl, Moderation Wolfgang Ritschl
Der Blick aus Mauricio Rosencofs Wohnzimmerfenster verliert sich im Blau des Himmels über Montevideo und im Grau des Río de la Plata. Der uruguayisch‐jüdische Schriftsteller und Dramaturg wohnt nur wenige Schritte von der Strandpromenade entfernt, der hier so breit ist wie ein Meer. Man ahnt, was die grandiose Aussicht für einen Menschen bedeutet, der zwölf Jahre lang in den dunklen Kerkern von Uruguays Militärdiktatur (1973–1985) eingesperrt war, ohne je das Tageslicht zu erblicken.
Victoria Eglau: Das Morse‐Alphabet neu erfunden, Jüdische Allgemeine, 27.7.2019 mehr …
In „Kerkerjahre“ beschreiben zwei ehemalige politische Gefangene ihr Märtyrium als Geiseln der Militärdiktatur in Uruguay. „Kerkerjahre“ ist nicht nur ein Leidensbericht. Gerade Rosencof bedient sich immer wieder schwarzen Humors und entlockt der Tristesse der Haft Poesie.
Victoria Eglau, Gedichte per Klopfzeichen durch die Gefängniswand, DLF/Lesart mehr …
»Kerkerjahre« ist ein universelles Manifest des Überlebens, der Menschlichkeit, der Solidarität unter politischen Gefangenen. Ein großartiges literarisches Dokument der Reflexion über das Gefängnis und die Folter, das Mut macht, für ein freies Leben in einer anderen Gesellschaft zu streiten.
Michael Backmund: Bücher neu gelesen – Kerkerjahre mehr …